Organisation
Gemeinsam ist allen Warenterminbörsen eine dreistufige Organisationsstruktur. Die eigentliche Börsenveranstaltung erfolgt dabei, wie Abbildung 1a zeigt, auf zwei Stufen zwischen drei finanziell, personell und sachlich unabhängigen Unternehmen.
Dieses sind auf der oberen (der zweiten) Ebene, infolge der von der börsenmäßigen Zusammenführung der Kundenaufträge getrennten Zahlungsabwicklung, die eigentliche Terminbörse (WTB) und die Clearing-Bank (CB).
Hinzu kommt aus der mittleren (der dritten) Ebene zumindest ein zum Börsenhandel und zum Clearing zugelassenes Vollmitglied bzw. General Clearer (GC)oder Broker.
Natürlich können mehrere derartige Mitglieder (beispielsweise die Mitglieder B, ...F) zugelassen sein. Ebenso ist es möglich, dass in der Gründungsphase einer Warenterminbörse eine gesonderte Abteilung der CB die Funktionen eines Vollmitgliedes ausübt.
Abb. 1a: Grundschema des Börsenhandels
Der Kunde (K) erlangt Zugang zur Börse über einen zum Börsenhandel zugelassenen Börsenteilnehmer, hier einen sog. General Clearer (GC). Oder auch Broker genannt. Über die GC gehen die Kauf- und Verkaufsaufträge der Kunden mit ihren Mengen und gegebenenfalls Preis- und zeitlichen Gültigkeitslimiten an die eigentliche Warenterminbörse (WTB), auf der das Matching, d.h. jeder Geschäftsabschluss und jede Preisbestimmung erfolgen.
In Abhängigkeit von der verwendeten EDV (Hard- und Software) einer WTB kann bei sich entsprechenden Kauf- und Verkaufsaufträgen in jeder Sekunde ein Geschäft abgeschlossen (Matching) und der jeweilige Börsenkurs bzw. vereinbarte Preis fixiert werden.
Die finanzielle Abwicklung der geschlossenen Kontrakte erfolgt für den Kunden mit seinem GC (Broker). Die Zahlungsabwicklung über alle an der WTB gehandelten Orders seitens aller General Clearer und damit des eigentlichen Börsenhandels erfolgt über die Clearing Bank (CB).
Diese nimmt gegenüber beiden Marktpartnern die jeweilige Gegenposition ein, d.h. sie tritt gegenüber dem Käufer als Verkäufer und gegenüber dem Verkäufer als Käufer auf. Gleichzeitig geht auch die Vertragserfüllungspflicht auf die Börsenorganisation über, was eine reibungslose Abwicklung der Termingeschäfte garantiert. Durch die Clearingstelle ist der Handel anonymisiert.
Die standardisierten Kontrakte und die nichtpersonengebundenen Vertragsabschlüsse ermöglichen es, dass sich die Marktbeteiligten durch den Abschluss eines Gegengeschäftes von ihrer Erfüllungspflicht - im Sinne eines tatsächlichen Warenaustauschs - befreien können. Dieser Vorgang wird Glattstellung genannt.
Zu berücksichtigen ist noch eine weitere (die erste) Ebene, eine übergeordnete Institution: die Börse. Sie ist streng vom Träger der direkten Börsenveranstaltung, der in Abb. 1a als Terminbörse bzw. WTB bezeichnet ist, zu unterscheiden. Die Börse steht für die Gesamtheit aller Börsenaktivitäten, sie ist eine Art umhüllender Mantel (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Börse und Träger der Börsenveranstaltung
Arten der Organisation von Terminbörsen
Terminbörsen können als Präsenz- oder Computerbörsen aufgebaut sein. Die Präsenzbörse bildet die ursprüngliche, klassische Form einer Börse. Im Gegensatz zu früher, als Händler Kauf- und Verkaufsaufträge auf dem Parkett noch per Handzeichen in Auftrag gaben, erfolgt der heutige Handel in der Regel im Rahmen von Auktionen, welche meist alle 15 Minuten stattfinden. Hierbei werden in jeder Viertelstunde zwischen den Auktionen Orders gesammelt und in der Auktion der Kurs ermittelt, zu dem die meisten Aufträge ausgeführt werden können.
Marktteilnehmer im Präsenzhandel sind Broker, die im Auftrag von Banken Kundenaufträge ausführen und Locals, die ausschließlich auf eigene Rechnung handeln.
Das Pendant zur Präsenzbörse bilden elektronisch organisierte Computerbörsen. Mittels Integration modernster Technologien wird versucht viele Nachteile von Präsenzbörsen zu beheben. Das Börsengeschehen spielt sich im Gegensatz innerhalb eines Zentralrechners ab. Als Beispiel lässt sich hier die deutsche Terminbörse EUREX nennen, bei der die Börsenteilnehmer ausschließlich über Datenleitungen miteinander kommunizieren. Dies ermöglicht einen überregionalen und internationalen Handel mittels einem standardisierten und standortunabhängigen, dezentralisierten Zugang zum Markt, der seine praktische Verwirklichung online über spezielle Bildschirmterminals findet. Infolge dessen sind moderne Terminbörsen heute längst nicht mehr als reine Handelssysteme aufzufassen, sondern verkörpern hoch effiziente Abwicklungs- und Informationssysteme.
Folgende Vorteile haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass sich Computerbörsen immer stärker etablieren:
- allen Handelsteilnehmern sind die gleichen Markt- und Preisinformationen zur gleichen Zeit zugänglich
- die Ordereingabe über Handelsbildschirme ermöglicht einen extrem schnellen Handel
- Aufträge werden vollautomatisch auf Basis des günstigsten Preises und des zeitlichen Eingangs zusammengeführt. Orderabgleich und Auftragsabwicklung geschehen automatisch.
- Market Maker verpflichten sich, in den von ihnen betreuten Optionen für einen liquiden Markt zu sorgen
- technische Sicherheitsmaßnahmen machen Manipulationen nahezu unmöglich
- automatische Einbindung in Back Office Systeme der Banken und Brokerhäuser ist üblich
Marktteilnehmer an Terminbörsen
Aufgrund der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Produkte und Märkte sowie deren Anwendungsmöglichkeiten von Termingeschäften kann man zwischen folgenden Gruppen unterscheiden, welche sich mit unterschiedlichen Motiven am Terminhandel beteiligen.
Hedger
Das Motiv der Absicherung von Preisrisiken („Hedging“) bildet den eigentlichen Existenzgrund von Terminbörsen. Das Hedging dient dazu das finanzielle Risiko bestehender Kassapositionen wie beispielsweise Lagerbestände oder Wertpapierportfolios und geplante Käufe oder Verkäufe zu mindern bzw. zu eliminieren. Dies geschieht durch die Übertragung des Risikos auf andere Marktteilnehmer. Somit ist Hedging vor allem für Personen und Institutionen interessant, die aufgrund ihres Geschäftsbetriebs Preisänderungsrisiken ausgesetzt sind. Institutionelle Absicherer sind in diesem Zusammenhang daran interessiert ihre geschäftliche Tätigkeit und den daraus resultierenden Gewinn möglichst umfassend zu kalkulieren und zu planen. Für private Hedger ergibt sich die Möglichkeit sich durch Terminpositionen ein bestimmtes Kursniveau zu sichern. Dies erfolgt meist durch Options- und Futureskontrakte.
Arbitrageure
Arbitrage bezeichnet das risikolose Ausnutzen gleichzeitiger unterschiedlicher Kursfeststellungen in einem Wert. So nutzen Arbitrageure bspw. Kursunterschiede gleicher zugrunde liegender Werte an verschiedenen Börsen aus. Durch den gleichzeitigen Kauf und Verkauf eines Kontraktes ist das Risiko bei der Arbitrage gleich Null. Neben dem Beitrag zur Liquidität des Marktes, sorgt die Arbitrage gleichzeitig für einen fairen Marktpreis, da durch sie räumliche und preisliche Ungleichgewichte im Markt eliminiert werden. Aufgrund nur geringer Kursunterschiede zwischen den Börsen, sind direkte Marktnähe und niedrigste Transaktionskosten für das Ausnutzen von Arbitragegewinnen undbedingt erforderlich, weshalb hauptsächlich Banken und Broker als Arbitrageure tätig sind.
Spekulanten
Spekulanten versuchen an Börse eingegangene Termingeschäfte möglichst rasch mit Gewinn abzuschließen. In der Regel nehmen Spekulanten die Gegenposition eines Hedgers ein und übernehmen somit das Risiko in der Hoffnung dabei Gewinne zu erzielen. Aufgrund des geringen Kapitaleinsatzes sind hierbei beträchtliche Hebelwirkungen möglich. Spekulanten fördern die an Terminmärkten erforderliche Liquidität und sind somit für gut funktionierende Märkte äußerst wichtig.
Spreader
Ein Spread kennzeichnet bspw. einen gleichzeitigen Kauf und Verkauf von Futures mit gleichem Underlying, aber unterschiedlichen Verfallsterminen am selben Markt oder an ähnlichen Märkten. Der aus der erwarteten Änderung der Preisdifferenz resultierende Gewinn oder Verlust wird somit nicht aus der absoluten Preisentwicklung der Kontrakte, sondern aus der relativen Veränderung beider Preise zueinander erzielt.